Latente Steuern im Konzernabschluss

Sie interessieren sich für das Thema „latente Steuern“? Wir von verovis teilen unser Wissen gerne mit Ihnen! Verschaffen Sie sich nachfolgend einen Überblick und kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie über den nachfolgenden Artikel hinaus noch Fragen in puncto latente Steuern haben sollten.

Was sind latente Steuern?

Grundsätzlich entstehen latente Steuern durch Ansatz- oder Bewertungsdifferenzen zwischen den handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Bilanzwerten von Vermögensgegenständen und Fremdkapitalien. Grundlage ist das sowohl nach IFRS als auch BilMoG verwendete sogenannte „Temporary-Konzept“, welches bilanzorientiert die Ansatzdifferenzen zur Bestimmung für latente Steuern verwendet. Das ursprünglich angewandte „Timing-Konzept“ sollte nur die Aufwands- und Ertragsdifferenzen berücksichtigen und war somit rein ergebnisrechnungsorientiert.

Die Bildung latenter Steuern erfolgt auf drei Ebenen

Ansatz- und Bewertungsdifferenzen – und somit letztlich auch latente Steuern – können sich in der Konzernbilanzierung auf drei unterschiedlichen Ebenen bilden. Diese Ebenen sind:

  • Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen nach lokalem Recht (HB I)
  • Anpassungen der Einzelabschlüsse an Konzernrecht und -vorgaben (HB II) sowie Währungsumrechnung der Fremdwährungsgesellschaften
  • Konsolidierungsmaßnahmen (Kapitalkonsolidierung, Schuldenkonsolidierung sowie Zwischenergebniseliminierung)

Latente Steuern: ein genauerer Blick auf die Ebenen der Ermittlung

Zu Ebene 1: Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen

Die Einzelabschlüsse deutscher Konzernunternehmen werden üblicherweise nach BilMoG / HGB erstellt, wobei nach Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit ebenfalls ein steuerrechtlicher Abschluss für jede Einzelgesellschaft (bei Nichtvorliegen steuerlicher Organschaften) vorliegen muss. Daraus entstehende Bilanzdifferenzen beinhalten die oben unter Punkt 1 angegebene Entstehungsebene. Alle börsennotierten europäischen Konzerne müssen ihre Gruppenabschlüsse nach IFRS erstellen; damit sind die in der ersten Phase erstellten Einzelabschlüsse auf die Rechnungslegung nach IFRS umzustellen und konzernweit zu vereinheitlichen (HB II-Erstellung). Alle Differenzen der ersten Ebene werden zwischen den HGB-Ansatzwerten und den steuerrechtlichen Ansatzwerten ermittelt und mit den zum Zeitpunkt der Abschlusserstellung verabschiedeten Ertragssteuersätzen bewertet.

Zu Ebene 2: Anpassungen der Einzelabschlüsse an Konzernrecht u. -vorgaben (HB II) sowie Währungsumrechnung der Fremdwährungsgesellschaften

Die Differenzen der zweiten Stufe ergeben sich aus Neubewertungen aller Bilanzwerte (außerhalb des Eigenkapitals als Restgröße) im Vergleich zu den HBI-Werten. Diese Differenzen werden ebenfalls mit den unternehmensindividuell verabschiedeten Ertragssteuersätzen (bei Kapitalgesellschaften Körperschaftsteuersatz und Gewerbesteuersatz sowie bei allen anderen Gesellschaftsrechtsformen Gewerbesteuersatz) bewertet.

Zu Ebene 3: Konsolidierungsmaßnahmen

Latente Steuern vor Kapitalkonsolidierung:

Durch die Konsolidierungsmaßnahmen werden Bilanzansätze ebenfalls teilweise signifikant verändert. So werden durch die Kapitalkonsolidierung Marktwertbewertungen vorgenommen, um stille Reserven und Lasten aufzudecken und in die Neubewertungsrücklage einzustellen. Die Beträge, welche in die Neubewertungsrücklage einzustellen sind, müssen nach Abzug von latenten Steuern (passive für stille Reserven und aktive für stille Lasten) eingesetzt werden. Die stillen Reserven / Lasten werden über die Nutzungsdauer der zugrundeliegenden Bilanzbestände realisiert und dann steuerlich relevant (über im Vergleich zum Steuerrecht geänderte Ansätze für Abnutzung, Abgangsergebnisse bei Verkäufen, Materialaufwendungen oder Erfüllungsbeträge bei Verbindlichkeiten und Rückstellungen). Des Weiteren sollte der Geschäfts- und Firmenwert ebenfalls der Abgrenzung latenter Steuern unterliegen, ist aber als Residualgröße explizit von der Steuerabgrenzung ausgenommen. Die in der Kapitalkonsolidierung auftretenden Differenzen entstehen bei der jeweiligen erworbenen Tochtergesellschaft und werden deswegen mit den für diese Gesellschaft in Kraft getretenen Ertragsteuersätzen bewertet.

Latente Steuern vor Kapitalkonsolidierung:

Bei Durchführung der Schuldenkonsolidierung kann der Fall auftreten, dass Differenzen zum Einzelabschluss entstehen durch Auflösung von IC-Forderungsabwertungen oder IC-Rückstellungen, welche aus Sicht der Konzerngruppe keine Ansatzberechtigung aufweisen. Diese Forderungsabwertungen bzw. Rückstellungsbuchungen sind mit Aufwendungen verbunden, welche in den Einzelabschlüssen auch steuerlich relevant werden. Aus Konzernsicht kann es einheitstheoretisch diese Aufwendungen nicht gegeben haben und damit sind sie aus den Summenabschlüssen zu eliminieren. Die mit ihnen einhergehenden Steuerminderungseffekte sind durch Einbuchung passiver Latenzen ebenfalls zu eliminieren. Bei der Realisierung der Forderungsabwertung erzielt entweder der Gläubiger einen Ertrag, weil seine Forderung wider Erwarten beglichen wird, oder der Schuldner erzielt einen Ertrag, weil zumindest ein Teil seiner Verbindlichkeit erlassen wird. Diese Erträge werden auf Einzelabschlussebene steuerpflichtig, obwohl sie aus Gruppenebene gar nicht realisiert worden sind. Somit sind die Steueraufwendungen über die Ausbuchung der passiven Latenzen zu egalisieren.

Latente Steuern vor Zwischenergebniseliminierung:

Ein wesentlicher Konsolidierungsbereich, um latente Steuern abzugrenzen, besteht in der Eliminierung von Zwischenergebnissen im Anlage- und Umlaufvermögen. Die hier erzielten Ergebnisse (zumeist Gewinne) werden in den Bilanzansätzen der konzernintern gelieferten Vorräte (Waren, Roh , Hilfs- und Betriebsstoffe sowie fertige und unfertige Erzeugnisse) und Anlagen (technische Anlagen und Maschinen, Kraftfahrzeuge sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung) ausgewiesen und weichen nach Eliminierung der Zwischenergebnisse von den steuerrechtlichen Ansätzen ab (bei Vorliegen von Gewinnen niedriger, bei Vorliegen von Verlusten höher). Hier sind dann im Gewinnfall aktive und im Verlustfall passive Latenzen anzusetzen. Die Zwischenergebnisse realisieren sich durch Verbrauch oder Verkauf der konzernintern gelieferten Vermögenswerte. Im Gewinnfall werden anfänglich zu viel und später zu wenig Steuern gezahlt, was durch aktive Latenzen ausgeglichen wird. Im Verlustfall werden zu Beginn der Lebensdauer des Vermögenswertes innerhalb des Konzerns zu wenig und gegen Ende zu viele Steuern aus Gruppensicht gezahlt, was buchhalterisch mit der Bildung passiver Latenzen beseitigt wird.

Latente Steuern in der Kapitalkonsolidierung – Beispieldaten

Ein Konzernunternehmen hat zum 31.12.2015 100 Prozent einer Tochtergesellschaft erworben; beide Unternehmen weisen als funktionale Währung den Euro aus. Die Beteiligung wurde für 2.500.000 € erworben. Das bilanzielle Eigenkapital der Tochter beträgt zu diesem Zeitpunkt 2.000.000 €, wobei technische Anlagen und Maschinen stille Reserven von 500.000 € und Rückstellungen stille Lasten von 300.000 € enthalten. Technische Anlagen und Maschinen werden konzernweit einheitlich linear über 4 Jahre abgeschrieben; die Rückstellung wird im zweiten Jahr der Konzernzugehörigkeit aufgelöst. Das Tochterunternehmen erzielt in jedem Jahr ein Vorsteuerergebnis von 500.000 €, während die Mutter ein Vorsteuerergebnis von 1.000.000 € erwirtschaftet. Der Ertragsteuersatz beträgt für beide Unternehmen 60 Prozent. Am Ende des vierten Jahres der Konzernzugehörigkeit wird die Beteiligung für 2.500.000 € veräußert, nachdem die Ergebnisse der Tochter jeweils im Folgejahr ausgeschüttet wurden.

Die stillen Reserven / Lasten betragen zusammen 200.000 €; auf diesen Wert werden passive Latenzen von 120.000 € gebildet, womit als Differenzbetrag für den Geschäfts- und Firmenwert noch 420.000 € verbleiben.

Der Veräußerungserfolg aus Gruppensicht stellt sich wie folgt dar:

Veräußerungserfolg Einzelabschluss Mutterunternehmen                0 €

Aufwandswirksam verrechnete stille Reserven                      500.000 €

Ertragswirksam verrechnete stille Lasten                             – 300.000 €

Ertragswirksam verrechnete passive latente Steuern            – 120.000 €

Endkonsolidierungserfolg                                                       80.000 €

Die Relation ist nur im Jahr des Unternehmensabganges gestört, da auf den Firmenwert keine Latenzen gebildet werden; das wird unterbunden, um diese Residualgröße keiner Iterationsrechnung unterwerfen zu müssen.

Ein weiteres Beispiel zum Thema „latente Steuern“

Konzernunternehmen A hat eine Rückstellung in Periode 1 in Höhe von 2.000.000 € gegenüber Konzernunternehmen B aus Verletzung eines gesetzlichen Schutzrechtes gebildet. In Periode 2 wird in gleicher Höhe von A an B gezahlt, was B als sonstigen betrieblichen Ertrag ausweist. Der Ertragsteuersatz beträgt einheitlich 60 Prozent, wobei das Ergebnis vor Steuern ohne diese Effekte in beiden Perioden bei A 2.500.000 € und bei B 500.000 € beträgt.

Indem latente Steuern in der Schuldenkonsolidierung abgegrenzt werden, steht der Steueraufwand immer in erklärbarer Relation zum Vorsteuerergebnis. Zu latenten Steuereffekten betreffend die Zwischenergebniseliminierung wird auf den in 2019 erschienen Artikel verwiesen.