Self Service BI – Nutzen und Herausforderungen

Immer wieder werden in der IT neue Schlagworte geprägt. Manche entpuppen sich im Nachhinein als Hype, andere verändern die IT Landschaft nachhaltig. Self Service BI ist eines der Schlagworte, das im Bereich EDV derzeit ein großes Thema ist. Welchen Nutzen die Einführung von Self Service BI stiften kann und welche Herausforderungen damit verbunden sind, wird im Folgenden beleuchtet.

 

Was ist Self Service BI?

Für Self Service BI sind viele unterschiedliche Definitionen im Umlauf, jeweils abhängig vom Ziel, welches verfolgt wird. Unserer Erfahrung nach umfasst Self Service Business Intelligence eine Reihe von Tools und Prozessen, die es Fachanwendern ermöglichen, Daten zu sammeln, diese selbst zu strukturieren und in betriebswirtschaftlich relevante Informationen umzuwandeln, auf deren Basis bessere Entscheidungen getroffen werden können.

Fachanwender, beispielsweise aus dem operativen Geschäft oder dem Controlling, werden hierbei in die Lage versetzt, selbständig Reporting Anforderungen zu bedienen, welche weit über die Fähigkeiten von Office-Tools hinausgehen. Hierbei können diese weitgehend unabhängig von der IT auf unternehmensinterne sowie externe Daten zuzugreifen, diese selbständig aufbereiten und verteilen.

Nutzen von Self-Service BI

Ausgehend von der beschriebenen Definition werden viele Fachbereichsnutzer zunächst einwenden, dass sie genau dies schon seit Jahren mit Office Tools wie Excel und Access umsetzen. Diese sind zweifelsohne schlanke und flexibel einsetzbare Tools und gehören auch in Zukunft in die Werkzeugkiste eines jeden Controllers. Der Unterschied zum Status Quo wird den Nutzern allerdings schon dann bewusst, wenn diese mit großen Datenmengen arbeiten müssen. Hierbei scheitern sie oftmals schon an der Menge an Daten sowie an der Strukturierung von Daten aus verschiedenen Quellen. Insbesondere wenn ein solcher Bericht  automatisiert ablaufen soll, musste bisher häufig die IT Abteilung Unterstützung leisten.

Auf der anderen Seite des Spektrums droht im Hinblick auf sich immer schneller ändernde Berichts Anforderungen die Überlastung vieler IT Abteilungen. Diese sind oftmals nicht mehr in der Lage, Anwendern benötigte Informationen zeitnah und vollumfänglich zur Verfügung zu stellen.

Der Trend geht daher zunehmend zu Self Service Tools, mit denen Nutzer, teils sogar unabhängig von dem durch die IT bereitgestellten Datenmodell, eigenständig Auswertungen und Analysen tätigen können. Für das Unternehmen ist dies wichtig, um schneller auf sich verändernde Marktsituationen regieren und neue Erkenntnisse aus den verfügbaren Daten gewinnen zu können.

Die Hauptvorteile, die sich hieraus ergeben sind:

  • Bessere Berichte: Der Fachbereich versteht sein Geschäft am besten, sodass die Berichte spezifischer auf dieses zugeschnitten sind.
  • Schnellere Reaktionszeiten: Der Mittelsmann fällt weg, was eine schnellere Reaktion auf neue Anforderungen ermöglicht sowie Reibungsverluste zur IT minimiert.
  • Umfangreichere Informationen: Verarbeitung von großen Datenmengen sowie Echtzeitdaten.

Herausforderungen an Unternehmen

Mit den Vorteilen, welche Self Service BI einem Unternehmen bietet, sind allerdings auch Herausforderungen verbunden, welche sowohl auf technischer als auch auf organisatorischer Ebene zu finden sind.

Technische Herausforderungen:

Zumeist ist die Einführung von Self Service BI mit der Einführung von modernen Tools verbunden, welche die Anbindung von Datenquellen vereinfachen, den Nutzer bei der Modellierung unterstützen sowie das Erstellen von Dashboards und automatisierten Berichtsmappen ohne Programmier Know-how ermöglichen. Erfahrene und technisch versierte Nutzer sind zwar häufig enttäuscht, wie wenig Self Service Tools dem Nutzer die Option liefern, selbst zu „customizen“. Für den durchschnittlichen Fachanwender sind die Tools jedoch genau das, was er braucht, um schnell an relevante Aussagen zu kommen, aus denen sich Handlungsanweisungen ableiten lassen.

Zu beachten sind daher folgende Punkte:

  • Die Auswahl der richtigen Tools für den jeweiligen Einsatzzweck. Bei der Wahl der Werkzeuge lässt sich selten ein Werkzeug finden, welches alle Anforderungen gleich gut erfüllt.
  • Einfache zu bedienende Self Service Tools produzieren häufig wenig komplexe Ergebnisse, komplexe Tools erfordern zumeist ein höheres technisches Verständnis.
  • Starre Datenmodelle sowie Berechtigungskonzepte müssen häufig flexibler gestaltet werden.
  • Trotz Heuristiken zur Erkennung von Datenzusammenhängen erleichtert eine sauber strukturierte Datengrundlage dem Nutzer, seine Kennzahlen und betriebswirtschaftlichen Merkmale wiederzuerkennen und richtig zuzuordnen.
  • Für umfangreiche und schnelle Analysen von großen Datenmengen ist oftmals eine performante In-Memory Datenbank (wie bspw. SAP HANA) von Vorteil.

Organisatorische Herausforderungen:

Nicht ganz unabhängig von den technischen Herausforderungen, stellt die Einführung von Self Service BI Tools und Self Service BI Prozessen Unternehmen häufig auch vor organisatorische Herausforderungen. Diese reichen von der Ausbildung von technisch versierten Mitarbeitern in den Fachabteilungen, über flexible IT Supportprozesse bis hin zu Maßnahmen, die einen Wildwuchs an Queries oder eine Schattenberichterstattung, welche losgelöst von den regulären Reporting Prozessen stattfindet, verhindern sollen.

In der Praxis haben sich häufig folgende Punkte als kritisch erwiesen:

  • Die Einbindung der Fachabteilungen in die Tool Auswahl, Unterstützung dieser bei der Anforderungsaufnahme sowie eine sorgfältige Begleitung des Change-Prozesses. Nutzer schrecken meist davor zurück, sich auf neue Dinge einzulassen, besonders wenn sie den Mehrwert zunächst nicht klar erkennen können. Um zu verhindern, dass die Nutzer das Tool links liegen lassen, dass es nur teilweise genutzt wird oder mit den Daten fahrlässig umgegangen wird, ist eine ordentliche Einweisung oder sogar eine formelle Schulung äußerst wichtig.
  • Eine verstärkte Automatisierung von wiederkehrenden Berichten oder eine Auslagerung in selbständig abrufbare Protalberichte schafft Freiräume in den Fachabteilungen und im Controlling für analytische Self Service BI Aktivitäten.
  • Etablierung von Power-Usern oder Reporting Abteilungen als Schnittstelle zwischen Fachanwendern/Controlling zur IT bringt das Reporting näher an den Fachbereich, ohne einzelne Mitarbeiter technisch zu überfordern.
  • Etablierung neuer Support-Prozesse, wie z.B. eines Power-User-Supports innerhalb der IT. Dessen Aufgabe wäre, zu erklären, was es für Daten gibt, wo diese stecken und wie sie nutzbar sind.
  • Prozesse zur Überführung von Berichten oder Modellen. Um einer Flut von Berichten oder Queries Einhalt zu gebieten, sollte gemessen werden, wie oft Berichte verwendet werden. Dauerhaft genutzte Berichte sollten in den Aufgabenbereich der IT übertragen werden, selten oder einmalig genutzte Berichte sollten mit einem Verfallsdatum ausgestattet werden.
  • Sicherstellung einer unternehmensweiten Governance über die Daten. Dadurch, dass einzelne Mitarbeiter plötzlich Zugang zu einer viel größeren Menge an Unternehmensdaten erhalten, muss der unternehmensinterne Datenfluss angepasst und allzu umfangreiche Extrakte in Flat Files vermieden werden.

Abschließende Betrachtung

Laut einer Studie von Gartner sollen bis 2017 die meisten Fachanwender und Analysten Zugang zu Self Service Lösungen bekommen. Dies bedeutet aber nicht die Abschaffung einer einheitlichen und harmonisierten Berichterstattung. Regelmäßig wiederkehrende Berichte mit standardisierten Daten oder die Umsetzung des externen Berichtswesens unter Beibehaltung gesetzlicher Anforderungen, sollten auch weiterhin von den jeweiligen Spezialisten erstellt und auch gewartet werden.

Es geht also nicht um die vielbefürchtete Verlagerung der des Unternehmens Reporting aus der IT heraus in Richtung Fachabteilung, sondern um eine Neudefinition von Aufgaben und Prozessen.

Hierbei sollten die Wahl der Tools und die Etablierung der Prozesse mit Bedacht geschehen, denn der Grad hin zu „Excel-Schlachten“, welche eigentlich der Vergangenheit angehören sollten, ist klein und müsste nun mit einer vielfach größeren Datenmenge und wesentlich komplexeren Verflechtungen geführt werden. Auch benötigen nicht alle Fachanwender den Zugang zu einem umfangreichen Self Service Repertoire, die Aufgaben und Arbeitsabläufe innerhalb der Fachabteilungen sollten daher genau definiert werden.

Es sollte zudem bei den Berichtsempfängern Verständnis dafür geweckt werden, dass Self Service BI anders funktioniert als Standard Reporting. Wenn an vielen Ecken und Enden im Unternehmen Berichte gebaut werden, sorgt dies zwar für Flexibilität und fachliche Nähe, allerdings besteht die Gefahr, dass die Objektivität der Daten verwässert wird, da

  • die Richtigkeit der Daten stärker der individuellen Interpretation unterliegt und
  • stark aggregierte Dashboards und Grafiken im Ad-Hoc Reporting die Wahrheit noch stärker verzerren können.
  • Auch droht der Verlust einer eindeutigen Wahrheit, da
  • Real-Time-Analysen andere Ergebnisse als Standardreports produzieren, welche womöglich auf persistierten Daten basieren und zudem
  • ein einheitliches Kennzahlenverständnis aufgrund vieler individueller Anpassungen schnell verloren gehen kann.

Daher sollten Ergebnisse aus Self-Service-Berichten nicht ohne sorgfältige Prüfung als Basis für weittragende Unternehmensentscheidungen genommen werden, sondern viel mehr die Richtung für tiefergehende Analysen vorgeben und hierbei unterstützen.

Was die Einführung von Self Service BI innerhalb der Unternehmen allerdings sehr gut vorantreibt, ist die Rückgabe der Data Ownership zurück an die Fachabteilungen. Dies weckt dort zusätzlich ein Verständnis für die Struktur und Eigenschaften von Daten und führt dazu, dass beispielsweise  Kennzahlen von der Fachabteilung nicht mehr einfach nur als Werte wahrgenommen werden, welche aus der Black-Box Datawarehouse kommen.

Die Erfahrung zeigt also, dass im Gegensatz zum Eindruck, den viele Softwareanbieter erwecken wollen, die Einführung und Umsetzung von Self Service BI nur sekundär eine Tool-Frage, sondern viel eher eine Frage der Restrukturierung unternehmensinterner Informationsprozesse ist.

 

Die Spezialisten der verovis GmbH  unterstützen Sie gerne bei diesem Prozess und begleiten ihr Unternehmen dabei, die anstehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern.