Unternehmensplanung mit „SAP BPC optimized for S/4HANA“: Vorstellung und Projekterfahrung

Verfolgt ein Kunde eine SAP-Strategie, so hatte er bisher verschiedene Möglichkeiten / Systeme zur Verfügung, in denen er Plandaten eingeben konnte, z.B. (1) im ERP System, (2) im Business Warehouse (BW-IP) oder (3) in der Planungs- und Konsolidierungslösung BPC. Diese heterogenen Planungsmöglichkeiten wachsen nun verstärkt zusammen – sowohl bezüglich der Planungsfunktionalitäten als auch der Datenhaltung.

Was ist “SAP BPC optimized for S/4HANA”

Das aus den heterogenen Planungsmöglichkeiten entstandene Produkt trug zunächst die Bezeichnung SAP BPC 10.1 Embedded. Der Planungsbereich des Tools (als Ergänzung zum Konsolidierungs-Bereich) wurde zwischenzeitlich seitens SAP auch als Integrated Business Planning for Finance (IBPF) bezeichnet. Seit kurzem wird SAP BPC 10.1 automatisch mit der Installation eines S/4HANA installiert und firmiert neuerdings unter dem Namen SAP BPC optimized for S/4HANA. Die verschiedenen Bezeichnungen werden teilweise auch weiterhin parallel verwendet.

Existierten BW-IP und BPC lange Zeit parallel nebeneinander, so wurden die Technologien mit dem BPC Release 10.1 integriert. BW-IP stellt ein langfristig bewährtes und optimal in das SAP BW integriertes Planungstool dar. Im Gegensatz zu älteren BPC Versionen erfolgt die Datenhaltung nun (wie bisher bereits im BW-IP) unter Verwendung des normalen BW Namensraums, wodurch die Datenintegration erleichtert wird. Aus dem BW-IP wurden auch die Planungsfunktionalitäten übernommen. In BPC 10.1 Embedded stehen neben Standard IP Planungsfunktionalitäten (z.B. kopieren, disaggregieren) und sogenannten FOX Formeln (z.B. für Treiber-basierte Formeln oder Formeln mit Loops) auch erweiterte Planungsfunktionalitäten zur Verfügung. Mit letzteren lassen sich – unter Zuhilfenahme von ABAP Code – z.B. auch Währungsumrechnungen oder Umrechnungen von Maßeinheiten on-the-fly durchführen.

Ergänzt werden diese (ehemaligen) BW-IP Funktionalitäten um Funktionen, die aus der BPC Welt stammen, wie z.B.:

  • Business Process Flows: Zentrale Workflow-Steuerung, z.B. für Dateineingabe (Planung) und Reporting. Diese verfügt u.a. über Hyperlinks zu Input-Templates und Reports, einen Process Monitor zur Überwachung aller Workflow-Prozesse und Benachrichtigungsfunktionalitäten (z.B. via Email).
  • Work Status: Vergabe eines Status für Daten (z.B. „eingegeben“ oder „genehmigt“), wodurch gleichzeitig die entsprechende Datenscheibe für die weitere Bearbeitung gesperrt wird. So kann beispielsweise eine Einzelgesellschaft ihre Plandaten eingeben, einen entsprechenden Status setzen und die Daten im nächsten Schritt von der Division freigeben lassen. Die Work Status lassen sich manuell setzen oder automatisch, wenn ein entsprechender Workflow beendet wurde.

Darüber hinaus werden z.B. auch die Möglichkeit der Verwendung von Data Audits, eine breitere Palette möglicher Front-end Tools sowie ein einfaches Customizing von Validierungsregeln angeboten.

 

Architektur und Datenhaltung

Eine typische Architektur des Planungsbereichs eines SAP BPC optimized for S/4HANA ist in der folgendenAbbildung dargestellt:

Abb. 1: Architektur und Datenhaltung

Charakteristisch für die Architektur ist, dass die Ist-Daten aus dem ERP nicht in das BW geladen und dort persistiert werden. Vielmehr werden die Bewegungsdaten, die sich in der neuen S/4HANA-Tabelle „ACDOCA“ (ACcounting DOCuments Actuals) befinden, mittels HANA View zur Verfügung gestellt. HANA Views ermöglichen einen Zugriff auf die Ist-Daten in Real-Time – dies gilt sowohl für die Bewegungs- als auch für die Stammdaten. Dadurch verringern sich die Gefahr von Dateninkonsistenzen und der Bedarf für Datenabgleiche (außer, wenn sehr komplexe Transformationslogiken im HANA View verwendet werden).

Ein Anwender, der Plandaten eingeben möchte, tut dies im Regelfall via Analysis for Office, einem Excel Add-in, das via BW Query mit dem BW verbunden ist. Als Referenzwerte erhält er seine Ist-Daten aus dem S/4HANA mittels HANA View in Real-Time angezeigt. Die eingegebenen Plan-Daten werden in einen BW InfoCube geschrieben (in dem die Daten dann physisch gehalten werden). Derzeit besteht die Möglichkeit der Data Retraction, d.h. dem Zur-Verfügung-Stellen der Plan-Daten im ERP, lediglich für Kostenstellen-, Projekt- und Innenauftrags-Daten. Dabei werden die Daten derzeit noch in alte ERP-Planungstabellen geschrieben. Zwar wurde mit dem Release 1610 die ACDOCP (ACcounting DOCuments Planning) zur Verfügung gestellt, die eine alternative Möglichkeit zur Speicherung von Plandaten direkt im S/4HANA darstellen soll (im Gegensatz zur Persistenz im BW InfoCube). Diese wird allerdings derzeit noch nicht zur Verwendung empfohlen.

Als weitere Neuerungen wurden mit dem 1610er-Release z.B. die Erstellung lokaler Hierarchien (für globale oder lokale Dimensionen), der Local Query Designer (UI5-Applikation) sowie Möglichkeiten zur Kostenallokation in der Planung vorgestellt. Darüber hinaus wurde der bestehende Pre-Delivered Content erweitert. Beim diesem handelt es sich z.B. um Input-Templates, Queries, Planungsfunktionen, InfoObjekte und InfoProvider, die grundsätzlich sofort für die Planung verwendet werden können. Der funktionale Umfang des Pre-Delivered Content kann der folgenden Abbildung entnommen werden:

Pre-Delivered Content

Abb. 2: Pre-Delivered Content

SAP BPC 10.1 Standard 

Neben dem „SAP BPC 10.1 Embedded“ (in seinen unterschiedlichen Bezeichnungen, siehe oben) gibt es weiterhin auch das „SAP BPC 10.1 Standard“, das ebenso eine Weiterentwicklung des SAP BPC 10.0 darstellt, allerdings ohne die Integration in S/4HANA. Darüber hinaus verwendet der Standard-Modus nicht den normalen BW Namensraum, sondern einen speziellen Namensraum für BPC Objekte. Für bestimmte Use Cases wird auch SAP BPC 10.1 Standard weiterhin von der SAP empfohlen. Ebenso kann es unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll sein, eine Mischung aus dem Embedded- und dem Standard-Modus zu verwenden.

 

Projekterfahrung

Im Folgenden werden einige ausgewählte Aspekte beschrieben, die bei der Einführung von SAP BPC optimized for S/4HANA zu beachten sind.

  1. a) Stammdaten:Aufgrund der starken Integration von ERP und BW/BPC ist ein End-to-end Stammdatenkonzept für den Projekterfolg essentiell. Grundsätzlich können Stammdaten aus dem S/4HANA (für Ist-Daten) auch in der Planung verwendet werden. Es zeigt sich jedoch, dass einige für die Planung benötigte Stammdaten nicht im ERP-System verfügbar sind. Dabei kann es zum einen sein, dass weitere Stammdatensätze benötigt werden (z.B. Delta-Entities für Plan-Szenarien) oder für einen Stammdatensatz weitere Attribute zur Verfügung gestellt werden sollen. Im Kontext der Gesamtarchitektur ist dann zu entscheiden, ob (1) die fehlenden Stammdaten-Informationen auch im ERP bereitgestellt werden sollen oder ob (2) diese Informationen nur auf BW-/BPC-Ebene benötigt werden. In letzterem Fall kann eine separate Stammdatentabelle im BW zur Anreicherung der ERP-Informationen verwendet werden, die dann mit den (via HANA View bereitgestellten) ERP-Stammdaten gejoint wird. Das Stammdatenkonzept sollte sich dabei nicht nur das ERP- und BW-/BPC-System beschränken, sondern alle involvierten Systeme umfassen (z.B. auch Vorsysteme oder nachgelagerte Konsolidierungssysteme).
  2. b) Pre-delivered Content:Der oben beschriebene, bereits fertig ausgelieferte Content lässt sich nur bedingt verwenden. Sehr hilfreich ist der Content bei der Datenmodellierung, da entsprechende Objekte bereits vorhanden sind und in der Regel leicht angepasst / erweitert werden können. Da der Bedarf für die Eingabe der Plandaten sowie das entsprechende Reportingjedoch sehr kundenindividuell ist, müssen Queries, Input-Templates und Reports sehr stark angepasst bzw. von Grund auf neu gestaltet werden.
  3. c) Kommentierungsfunktionalität:Das für SAP BPC optimized for S/4HANA empfohlene Front-End, Analysis for Office, verfügt über keine native Kommentierungsfunktionalität, bei der die Kommentare auch in die Datenbank geschrieben, d.h. mit den einzelnen Datenpunkten verknüpft werden können. Ein Workaround ist via DSO-Kommentierung möglich, jedoch unkomfortabel. Die Bereitstellung einer nativen Kommentierungsfunktionalität für Analysis for Office ist zwar auf der Roadmap der SAP, ob und wann die Funktionalität tatsächlich verfügbar sein wird, lässt sich jedoch (noch) nicht sagen.
  4. d) Komplexere Architektur:Wie Abbildung 1 zeigt, ist die Systemarchitektur bei der Planung mittels SAP BPC optimized for S/4HANA deutlich komplexer als beispielsweise bei einer Planung nur im ERP System. Soll z.B. ein neues Merkmal verwendet werden, so muss dies nicht nur im ERP System (ACDOCA), sondern auch an vielen weiteren Stellen berücksichtigt werden: HANA View, Virtual Provider (für HANA View), Multiprovider, InfoCube (für Plandaten), Aggregationslevel (ggf. inkl. Filter), Queries sowie Input Templates / Reports. Dadurch erhöhen sich der Erstellungsaufwand sowie das Fehlerpotential. Ebenso erschwert dies eine mögliche Fehlersuche und der Aufwand für Testing Aktivitäten steigt.
  5. e) Erweitertes Skill-Set:Aufgrund der gerade beschriebenen, komplexeren Architektur ist auch ein erweitertes Skill-Set erforderlich. Für ein End-to-end-Verständnis aller Komponenten werden Kenntnisse in folgenden Komponenten benötigt: S/4HANA, HANA Studio (für HANA Views), BW, BEx Query Designer, Analysis for Office (oder Design Studio / Fiori) und BPC Administration (Web Client) . Entsprechende in einer Person vereinte Skill-Sets sind derzeit nur vereinzelt am Markt zu finden.
  6. f) Interface Projektplanung:Die grundsätzlich auf dem PS-Modul basierende Projektplanung wird zwar im Pre-delivered Content angeboten. Weichen die Kundenanforderungen jedoch zu stark davon ab, kann es sehr aufwendig sein, ein entsprechendes Interface zwischen S/4HANA und dem BW bereit zu stellen. Insbesondere die nicht verfügbare Zeitabhängigkeit der ERP Daten kann dabei eine Herausforderung darstellen.
  7. g) Demarkationslinie für das Reporting:Da bisher nur wenige Plandaten aus dem BW in das ERP „retracted“ werden können, ist zu entscheiden, welche Nutzergruppen welche Reports aus welchen System ziehen sollen. Dies gilt insbesondere für Reports, die Plan-Ist-Vergleiche beinhalten. Dabei sind neben der Verfügbarkeit der Plandaten im ERP z.B. auch Fragen bzgl. Tool-Lizenzen und entsprechender Trainings zu berücksichtigen.

Gestützt auf unsere Erfahrung helfen wir Ihnen gerne dabei, ein SAP BPC optimized for S/4HANA effizient zu konzipieren und implementieren und dabei Fallstricke zu vermeiden.

Weitere generelle Information zu S/4HANA können Sie auch den folgenden Blog-Beiträgen entnehmen: SAP revolutioniert den Markt für ERP Lösungen durch SAP S/4HANA sowie Implementierung von SAP S/4HANA.