Von der digitalen Transformation auf den Gipfel

verovis pflegt ein Selbstverständnis als Bergführer, der Kunden auf hohe und schwierige Gipfel begleitet. Bei der Besteigung eines 7000ers erlebt Programm Manager Johannes Markmann einen Perspektivwechsel aus Sicht des Klienten. Wie sich die Arbeit bei verovis in einer Höhen-Expedition widerspiegelt.

Planung, Kalkulation, Key Deliverables und Meilensteine für das Großprojekt 7000er

Marathonläufer. Ultramarathonläufer. Triathleten. Iron (Wo)Men. Professionelle Bergführer. Im Basislager des Pik Lenin (Kirgisistan) ist wirklich alles vertreten, was einem in Sachen körperlicher Fitness Respekt einflößen kann. Wer einen Siebentausender besteigen will, muss körperlich und vor allem mental topfit sein.

Ich selbst habe meine Lunge mit Ausdauerläufen zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter gestählt (Königsdisziplin: mit 15 Kilogramm-Weste), sehr viele Bergtouren unterschiedlichster Dauer und Schwierigkeit gemacht (Königsdisziplin: mit 15 Kilogramm-Weste) und auch mal Gewaltmärsche über 40 Kilometer entlang der Isar absolviert (Königsdisziplin: mit 15 Kilogramm-Weste). Auf der anderen Seite gibt es hier im abgeschiedenen Pamir-Gebirge aber auch die offensichtlich Untrainierten, Wärmeverwöhnten und Kranken. Egal wie fit oder sorglos die Bergsportler sind: Beim Blick auf die rund 3000 Höhenmeter steil emporragende Wand aus Eis und Schnee, die der Pik Lenin in die Landschaft gefaltet hat, stockt ihnen erst mal der Atem. Wer diesen Berg bezwingen will, sollte sich seiner Sache schon sehr sicher sein. Am Ende wird der Erfolg aber wohl trotzdem nicht nur in den eigenen Händen liegen.

Dass ich neben qualitativ hochwertiger Ausrüstung auch sportlich und technisch absolut bereit für den ersten 7000er meines Lebens bin, habe ich unter anderem meinem Job zu verdanken. Denn bei verovis habe ich gelernt, wie man ein Projekt plant und vorbereitet, damit es am Ende auch erfolgreich zum Abschluss kommt. So habe ich mich entlang von Meilensteinen in Richtung körperlicher Topform gearbeitet, habe in Sachen Ernährung und Know-how-Aufbau alle nötigen Key Deliverables geleistet und habe immer wieder zu meinen mir selbst auferlegten Deadlines gefunden. Obwohl ich beim Budget wegen meiner steigenden Ansprüche eine eklatante Plan-Ist-Abweichung verkraften muss, kann ich beruhigt in die Hauptprojektphase eintreten.

Die beruhigende Wirkung einer soliden (Projekt-)Planung und Kalkulation habe ich zuvor schon bei verschiedenen Kunden erfahren. Selbst bei Hochzeiten oder Geburtstagen habe ich schon erlebt, wie die Beteiligten sich mit Kreuzchen an ihrer Checkliste entlanghangeln, um am Ende sicher sein zu können, nichts Elementares vergessen zu haben.

Basislager – Gelebtes Projektmanagement

Die einen kommen auf der letzten Rille vom Gipfel, die anderen sind gerade erst angekommen. Eine ganze Menge hat sich bereits am Berg versucht, musste aber aufgeben oder erholt sich für den nächsten Aufstiegsversuch. Und zwischendurch tanzen die gutgelaunten Angestellten der Agenturen, namentlich Küchenpersonal, Versorgung, Bergdoktor (nicht der aus dem Fernsehen, sondern ein pensionierter russischer Mediziner), Guides und eine junge Frau, die ganz offensichtlich das Sagen hat. Wer irgendein Problem hat, geht damit zu Kristina. Wer frühzeitig abreisen will, organisiert das mit Kristina. Wer neu ankommt, erhält von Kristina ein umfassendes Onboarding. Wer – wie ich – zur Akklimatisierung in die umliegenden Berge geht, ohne sich abzumelden, bekommt einen kostenlosen Einlauf von Kristina verpasst.

Gelebtes Projektmanagement im Basislager auf 3600 Meter

Bei digitalen Transformationsprojekten ist das ein bekanntes Szenario. Was am Peak Lenin das Basislager, ist in solchen Projekten das PMO (Project Management Office) oder das Programm Management. Diese Rolle nehme ich bei der Arbeit selbst häufig ein. Zwar verpasse ich in der Regel keine Einläufe, aber der Überblick aller relevanten Informationen, Entscheidungen und Aufgaben ist mir bestens bekannt. Den Vertrauensvorschuss in die Basislager-Organisation spendiere ich also gerne.

Jede Gruppe, jeder Einzelkämpfer, jeder Base Camp-Tourist ist hier ein eigenes kleines Projekt mit individuellem Zeitplan, Informations-Bedürfnis, Budget, Personalbedarf und Zusammensetzung. Koordinieren lässt sich das am leichtesten dadurch, dass es feste Essenszeiten gibt, zu denen auch die relevanten Ansagen platziert werden. Also dreimal täglich Jour fixe in Expeditions-Klamotten.

Erfolgsfaktor Best Practice: Akklimatisierung

Wer schon einmal auf über 3000 Metern Höhe war, weiß wie dort jeder Schritt der Pumpe Höchstleistung abverlangt. Kopfweh, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Schlafprobleme sind zu Beginn normal. Die ersten Tage im Basislager auf rund 3500 Meter stehen darum ganz im Zeichen der Akklimatisierung. Getreu dem Bergsteiger-Motto „Go high, sleep low“ mache ich tagsüber lockere Touren auf vier-, fünftausend Meter, um danach wieder Erholung im gefühlten Tal zu suchen – 600 Meter über dem höchsten Gipfel Deutschlands. Dazu noch fünf Liter Flüssigkeit am Tag. Akklimatisierung kann ich.

Weil ich aus Erfahrung vergangener Hoch-Expeditionen weiß, dass mich am Anfang in der Regel massive Schlafprobleme ausbremsen, bin ich extra drei Tage vor Beginn meiner Tour ins Base Camp gereist. Diese zusätzliche Zeit zahlt sich sofort aus. Allein schon das Wissen über den Akklimatisierungs-Puffer scheint meinen Körper bei der Höhenanpassung zu beflügeln. Ich schlafe wie ein Stein und wage sogar eine Partie Volleyball mit dem Base Camp Staff. Seichtes Teambuilding, bevor die großen Prüfungen bevorstehen.

Teambuilding Area mit Blick auf die bevorstehende Herausforderung

Den seelenruhigen Schlaf kenne ich freilich nicht aus dem Berater-Alltag. Die beruhigende Wirkung eigener Erfahrungswerte und Best Practices aber schon. Auch im Zuge der digitalen Transformation von Finanzabteilungen gilt: Man muss die Fehler anderer nicht wiederholen. Die eigenen schon gar nicht. Sich unmittelbar vor dem Projekteinsatz Zeit zu nehmen, um Umgebung, Menschen und die vorherrschenden Druckverhältnisse besser kennenzulernen, ist in der Regel auch beim Kunden-Einsatz eine gute Idee.

 

Weitere Parallelen der Höhen-Expedition zum Programm- und Projektmanagement folgen in den nachfolgenden Beiträgen dieser Reihe.