Was Sie über IFRS 15 wissen sollten

IFRS 15 muss in Geschäftsjahren angewendet werden, die am oder nach dem 01.01.2018 beginnen

 

Der neue Rechnungslegungsstandard IFRS 15 regelt die Realisierung von Umsätzen aus Kundenverträgen. Dabei handelt es sich um ein einheitliches Regelwerk, das diverse andere Standards im Bereich Umsatzlegung ersetzt (z.B. IAS 11, 18, IFRIC 13, 15). IFRS 15 soll Inkonsistenzen zwischen bestehenden IFRS- und US GAAP-Bestimmungen eliminieren und somit die Vergleichbarkeit der Umsatzzahlen zwischen verschiedenen Unternehmen, Branchen und Rechtsprechungen erhöhen.

Von IFRS 15 ist eine Vielzahl an Unternehmen betroffen. Dies kann auch auf Ihr Unternehmen zutreffen. Haben Sie z.B. Kundenverträge mit folgenden Charakteristika1 geschlossen?

  • kundenspezifische Verträge (z.B. bei Auftragsfertigung)
  • Kombination mehrerer Güter oder Dienstleistungen (z.B. bei Lieferung einer Maschine inkl. Wartungsvertrag)
  • mit variablen Preisbestandteilen (z.B. Staffelbonus)
  • Lizenzverträge (z.B. für Softwareprodukte)
  • mit möglicher Anpassung während der Vertragslaufzeit (z.B. bei Dienstleistungen)

IFRS 15 muss in Geschäftsjahren angewendet werden, die am oder nach dem 01.01.2018 beginnen.2  Eine frühere Anwendung ist zulässig. Es bestehen zwei Möglichkeiten zur Erstanwendung: die retrospektive Anwendung oder Erstanwendung mit kumuliertem Effekt zu Beginn der Anwendung.

Aufgrund der hohen Komplexität der Thematik sowie der Vielzahl der möglicherweise in einem Unternehmen betroffenen Organisationseinheiten, Gesellschaften und Systemen sowie aufgrund der Interdependenzen zwischen diesen, empfehlen wir nachdrücklich, das Thema zeitnah anzugehen. Die möglichen Auswirkungen auf KPIs, auch auf Bonusrelevante Größen, sind zusätzlich zu beachten.  Ein ausreichender Vorlauf ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass im Fall der Einführung nach der retrospektiven Methode Verträge mit Kunden im Jahr vor dem Go-Live sowohl nach dem aktuellen als auch nach dem neuen Standard (IFRS 15) bewertet werden müssen. Diese Transition-Phase hat zum Ziel, rückblickend auf vergleichbare Vorjahreszahlen zurückgreifen zu können. Die Durchführung einer solchen Phase bedingt zusätzlichen Aufwand und Zeit.

Abb. 1: IFRS 15-Projektorganisation (exemplarisch)

Die Abbildung oben zeigt exemplarisch eine IFRS 15-Projektorganisation. Im Rahmen des Projektes sollte das (zentrale) Accounting damit beginnen, die Unterschiede zwischen IFRS 15 und den bisher gültigen Rechnungslegungsstandards und internen Reporting Guidelines heraus zu arbeiten (Teilprojekt „Standardinterpretation“). Dies muss in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer erfolgen. Auf Basis dieser Erkenntnisse müssen die neuen Rechnungslegungsrichtlinien herausgegeben werden, und es muss darüber informiert werden, welche Auswirkungen sich hieraus auf die Umsatzlegung im Unternehmen ergeben. Im Fall der Anwendung der retrospektiven Methode ist das (zentrale) Accounting zudem für die Ausgestaltung der Transition-Phase verantwortlich (Teilprojekt „Transition“).

Neben dem Accounting kommt auch der IT eine tragende Rolle im Projekt zu (Teilprojekt „IT-Systeme und Prozesse“). Sie muss zum einen gewährleisten, dass die Besonderheiten von IFRS 15 in der (zentralen) Konsolidierungssoftware und Reportingsystemen abgebildet werden. Zum anderen müssen die ERP-Systeme so angepasst werden, dass sie die Anforderungen des neuen Standards erfüllen. Häufig zeigt sich, dass die eingesetzten ERP-Systeme nicht in der Lage sind, den Anforderungen gerecht zu werden. So zum Beispiel, wenn keine zwei parallelen Rechnungslegungsstandards und keine „Multiple Element Arrangements“ abgebildet werden können und auch die zusätzlichen Disclosure-Anforderungen nicht erfüllbar sind.

Sind ERP-Systeme der SAP AG im Einsatz, kann hierbei der Einsatz des SAP „Revenue Accounting and Reporting“ (RAR) in Erwägung gezogen werden, einem Add-on zum FI-Modul. Dabei handelt es sich um eine strategische SAP-Entwicklung, die das 5-Schritte-Modell des IFRS 15 abbilden kann. Bezogen auf die Abbildung der Umsatzlegung wird SAP RAR dabei als Ergänzung zum aktuellen SAP ERP-Standard positioniert. SAP RAR bietet Lösungsansätze z.B. für:

  • Zusammenfassung von Verträgen (IFRS 15.17: Combination of contracts)
  • Zusagen in Kundenverträgen (IFRS 15.24: Promises in contracts with customers)
  • Abgrenzbare Waren oder Dienstleistungen (IFRS 15.27: Distinct goods and services)
  • Gewährleistungen (IFRS 15.B29/B30: Warranties)
  • Aufteilung des Transaktionspreises (IFRS 15.76/81/88/89: Allocation of transaction price)

In der Praxis zeigt sich, dass es in vielen Fällen erforderlich ist, (zusätzliche) unternehmensspezifische Eigenentwicklungen anzustoßen. Dies muss im Rahmen des Projekts evaluiert werden und sollte im Scope des Teilprojekts „IT-Systeme und -Prozesse“ liegen.

Parallel dazu sollten wichtige Schnittstellenaufgaben Teilprojekt-übergreifend im Projekt verankert werden:

  • Projektübergreifendes (lokale Projekte eingeschlossen) Projektcontrolling & -monitoring
  • Koordination der Gesellschaften / Länder. Hierbei sollten insbesondere länderspezifische Unterschiede in den Anforderungen analysiert werden.
  • Aufbauend auf den Ergebnissen der Teilprojekte sollten  Vertreter der lokalen Einheiten (u.a. vom Accounting, Vertrieb) geschult werden. Hierdurch sollen diese befähigt werden, eine Analyse der Verträge des Unternehmens durchzuführen und die Umsätze nach IFRS 15 zu bewerten, die aus diesen Verträgen resultieren. IT-Schulungen zur Anpassung der lokalen ERP-Systeme sind gleichermaßen notwendig.

 

Für die Durchführung von IFRS 15-Projekten empfehlen wir folgendes Vorgehensmodell:

Abb. 2: IFRS 15-Projektvorgehen (schematisch)

Als wesentliche Erfolgsfaktoren im Rahmen eines IFRS 15-Projekts sehen wir:

  • Durchführung einer frühzeitigen (zentralen) Stichprobenanalyse und darauf aufbauend einer (dezentralen) Impactanalyse als Basis für das (zentrale) Feinkonzept (fachlich & IT)
  • Früher Einbezug der IT und Analyse der Auswirkungen auf ERP-Systeme und Prozesse sowie Definition notwendiger Anpassungen
  • Enge und kontinuierliche Einbindung des Wirtschaftsprüfers
  • Knowledge-Sharing, u.a. durch Bereitstellung von Tools, die lokale Einheiten für die Vertragsanalyse verwenden können
  • Frühzeitige Durchführung von Trainings für lokale Accountants und Vertriebsmitarbeiter, da dies die Voraussetzung für lokale Vertragsanalysen darstellt, sowie parallele Durchführung von IT-Schulungen
  • Berücksichtigung von Schnittstellen zu anderen laufenden Projekten (z.B. zu IFRS 9 / IFRS 16), die auch Auswirkungen auf ERP-Systeme & Prozesse haben können

Die verovis GmbH unterstützt Sie beim Aufsetzen, Durchführen und Managen eines IFRS 15-Einführungsprojektes. Dabei greifen wir auf unsere Toolsets und Better Practices sowie unsere Erfahrung aus einem IFRS 15-Einführungsprojekt bei einem DAX 30-Konzern zurück.
1Beispielhafte Auflistung, kein Anspruch auf Vollständigkeit
2Hinweis: Die Verschiebung der Anwendung von IFRS 15 vom 01.01.2017 auf den 01.01.2018 wurde am 22.07.2015 bestätigt.